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Interview mit Lara*

Interview und Übersetzung: Charlotte Wohlgemuth
*Name geändert


Wie alt bist Du
18

Wo wohnt Deine Familie?
La Maná

Wie lange lebst du schon im Projekt Chaka Wasi?
Ich wohne seit 2017 im Projekt und habe bereits im Juli 2021 die Schule abgeschlossen. Ich wohne aber immer noch im Projekt, da ich in einigen Tagen die Aufnahmeprüfung für die Universität mache, um mich fürs Medizinstudium zu bewerben. Ich werde also noch ein wenig länger im Projekt wohnen.

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie waren die Schule und das Projekt lange Zeit geschlossen. Seit Oktober wohnen alle Jugendlichen wieder im Projekt und gehen normal zur Schule. Wie lange warst du insgesamt zu Hause und wie geht es dir jetzt?
Es war eine sehr schwierige Zeit für mich. Die Pandemie hat uns gelehrt, wertzuschätzen, was man im Leben hat. Ich persönlich war nicht oft zuhause, da ich da kein Internet hatte. So durfte ich zeitweise im Projekt bleiben, obwohl dies geschlossen war. Die Mitarbeiter waren ja trotzdem da und so konnte ich hier meine Schulsachen erledigen, erhielt Essen und Unterstützung und durfte das Internet und Telefon nutzen.

Gab es Zeiten, in denen du das Zentrum vermisst hast? Warum?
Ja sehr. Das Projekt ist sehr wichtig für mich. Ich lerne viele Dinge. Außerdem habe ich in der Zeit zuhause die Gemeinschaft mit den anderen und auch Rocio und Alexandra (eine Erzieherin; Anmerkung der Redaktion) vermisst.

Wie war es für dich von zu Hause aus zu lernen?
Es war sehr kompliziert, da der Unterricht ganz anders war. Außerdem hatte ich ja kein Internet. Zuhause musste ich darum meinen Cousin oder Nachbarn bitten. Aber trotz allem habe ich gekämpft und mit der Hilfe meiner Eltern und des Projekts meinen Schulabschluss gemacht.

Welche Unterstützung hast du erhalten?
Ich habe viel Unterstützung für die Schule erhalten, außerdem die Schuluniform, Versorgung und alle Utensilien. Mir wurde beim Lernen geholfen und dabei, als Persönlichkeit zu wachsen.

Was waren für dich die Vor- und Nachteile des Lernens von zu Hause aus?
Der Vorteil war, dass ich bei meiner Familie sein konnte. Nachteil war, dass ich nicht viel beim virtuellen Unterricht gelernt habe, da ich ja gar kein oder nur schlechtes Internet hatte. Außerdem haben wir die Lehrer nicht gut verstanden. Manchmal konnte ich auch nicht am Unterricht teilnehmen, da ich meinen Eltern geholfen habe.

Hast du während der Zeit zu Hause etwas für dich selbst gelernt?
Ja, viel. Wertzuschätzen, was man hat und Dinge zu tun, die man vorher noch nicht gemacht hat. Ich möchte allen danken, die dies möglich gemacht haben.

Erfahrungsbericht Volontariat

von Martin, im Projekt von Ende Oktober 2021 - Anfang Januar 2022

Auf einmal steht man also da, vor einer Gruppe von Schülern. Gemeinsam sollen wir Englisch lernen. Es sind anfangs viele Verschiedenheiten und Eindrücke von Kultur und Menschen. Auch wir sind eine Gruppe die sich unterscheidet, aber ein gemeinsames Ziel verfolgt. 

Die Zeit hier war sicherlich geprägt von Herausforderungen.
Allem voran das Lernen einer neuen Sprache.

In meiner ersten Woche sind hier noch Ferien.
Ich habe das Privileg, diese Woche bei Rocio zu wohnen und dabei besondere Erfahrungen zu sammeln. Man wird hier selbstverständlich, herzlich, familiär aufgenommen und lernt jeden Tag dazu, aus verschiedensten Bereichen. Ich kann hier eine sehr gute Beziehung zu Rocio und deren Familie aufbauen. Gleichsam zu ihrer Schwester Alexita die sich im Projekt um die Verpflegung und die Betreuung kümmert. Zudem wird hier eine Woche in meinem Umfeld nur Spanisch gesprochen und gleichzeitig Rücksicht darauf genommen, dass ich anfangs nur sehr einfache und langsame Sätze verstehen kann. Dadurch, dass es hier letztlich keine andere Möglichkeit gibt als auf Spanisch zu kommunizieren, bekommt dieser Schritt enorme Wichtigkeit für alles weitere. Nach einigen wenigen Online-Stunden und unzähligen Vokabeln ist es mir dann nach knapp einer Woche möglich, das erste Mal eine fast vollständige, grammatikalisch sicherlich verheerende, längere Konversation zu führen.  Zwei Wochen nach meiner Ankunft kann ich tatsächlich großteils an Gesprächen teilnehmen, wobei ich bis zum Ende meiner Zeit hier jeden Tag weitere wichtige Vokabeln dazulerne.

Zu Beginn der Zeit in Chaka Wasi, lernt man auf einmal viele eigene, neue Persönlichkeiten kennen. Das war für mich sicherlich nicht nur einfach, da man die eigene nur teilweise ausdrücken kann, wenn einem die passenden, gewohnten Vokabeln im richtigen Moment fehlen. Man muss sich einfinden in einer Gruppe die untereinander vertraut ist, sich schon Jahre kennt und auch ein wenig verunsichert wirkt von dem neuen Gesicht.

Nach einigen Tagen wird diese Herausforderung dann zu einer besonderen Erfahrung, wenn man sich täglich besser mit seinem neuen Umfeld versteht und man immer weiter mit großer Freude in den Alltag der Menschen hier eingegliedert wird.
Die Tage hier sind nicht wirklich geregelt, trotzdem gibt es feste Bestandteile.

Täglich gab es einen Englischunterricht von mir. "Lo esencial de inglés" heißt die Überschrift in meiner ersten Stunde. Ein Thema, dass hier für jeden einzelnen interessant ist, ganz egal in welcher Stufe, welches Alter. Durch die Auswirkungen der Pandemie und den während meiner Zeit immer noch fortlaufenden Online-Unterricht fehlt es an Grundlagen.
Ich bekomme in einem interessanten Gespräch mit, dass die staatlichen Schulen in Ecuador oft nicht ausreichend Geld bekommen und dementsprechend auch die Qualität des Unterrichts darunter leidet. Texte müssen jedes mal abgeschrieben werden bevor die Aufgabe bearbeitet wird. Außerdem gibt es zur Zeit des Online-Unterrichts ausschließlich eine Bewertung für die Darstellung. Resultat dieser ineffizienten Lernmethoden ist oft, dass die Schüler überhaupt nichts von dem eigentlich Bearbeiteten mitnehmen.
Die Schüler sind neugierig, wissbegierig, wollen ihre Träume verwirklichen und ich möchte sie über diesen Weg dabei unterstützen. In diesem Sinn trägt man Verantwortung, Basiswissen auf einer Sprache vermitteln zu können, bei der es mir selbst noch zwei Wochen zuvor an den einfachsten Grundlagen gefehlt hat.
Der Fortschritt ist nicht so schnell, wie ich es gewünscht hatte, aber entscheidend ist in diesem Sinn vor allem auch, dass der Unterricht meistens außerordentlich amüsant war. Viel wichtiger ist mir Freude, Motivation, eine gewisse Herangehensweise und die Möglichkeiten, die sich durch die Englische Sprache ergeben, zu vermitteln.

Zudem war es meine Aufgabe, einmal in der Woche drei Unterrichtstunden in Casa Quemada zu halten. Es ist eine besondere Stimmung. Die Kälte, die glücklich zufriedenen Kinder und eine außergewöhnliche Mischung zwischen großem Respekt und kindlicher Energie. Einige freuen sich auf den Unterricht, andere ihre Freunde sehen zu können. Die Schwierigkeit liegt hierbei schon in der Vorbereitung, da einige der Schüler hier schon einfachste Zusammenhänge nicht verstehen können. Man muss hier auch mit Humor nehmen, wenn einige Schüler eine gute Stunde zu spät kommen oder die erste halbe Stunde ohne Stift und Papier verbringen.

Des Weiteren darf ich Alexita bei der Zubereitung von den Mahlzeiten helfen. Außerdem wird viel repariert, gebaut, renoviert und gespielt. Bei der Versorgung der Tiere oder Arbeiten auf dem Feld helfen alle zusammen. Es ist hier eine Selbstverständlichkeit, dass jeder bestmöglich und meistens mit großer Freude unterstützt.

Man darf hier dazulernen, bekommt Einblicke in vielfältigste Bereiche. Letztendlich wurde ich selbst jeden Tag von den Menschen hier unterrichtet. Durfte von dem simplen Schälen einer Kartoffel bis zum Reiten auf einem Pferd in unterschiedlichsten Bereichen Wissen sammeln.

Aufeinmal steht man also da, vor einer Gruppe die einem wichtig geworden ist, einer Gruppe von Freunden.
Meine Zeit hier war nicht nur geprägt von Herausforderungen, sondern letztlich wurde ich auch von diesen Herausforderungen geprägt. Für alle diese Erfahrungen bin ich dankbar.

Neues Leben in Chaka Wasi

von Anke Eichhorn - Januar 2022

Durch das Jugenddankopfer, eine Spendenaktion der Evangelische Jugend in Sachsen, konnte dieses Jahr mit dem Aufbau der ökologischen Kreislaufwirtschaft angefangen werden. Das heißt, es wurden Ställe für Schweine, Hühner und Meerschweinchen gebaut. Inzwischen sind auch schon die Tiere eingezogen. Die Tierhaltung verbessert die Eigenversorgung. Im Gegensatz zu deutschem Essverhalten gibt es in Chaka Wasi nur selten und wenig Fleisch. Außerdem kann der Dung für die Felder genutzt werden, um die Erträge zu verbessern.
Es wurden auch Pflanzen gesetzt in der Hoffnung, dass es nicht nur für Eigenversorgung reicht, sondern auch zum Verkauf.
Zur Zeit sind wieder ein paar Jugendliche in der Wohngruppe. Dort können sie viel besser für die Schule unterstützt werden, als dass es von zu Hause geht.
Alle hoffen, dass bald wieder normal Schulunterricht stattfinden kann – doch jetzt kommt Omikron und damit auch die Sorgen, wie es weiter geht.

Wir danken allen, die “Jardin del Eden” unterstützen, durch Beziehungspflege und durch Spenden!

Bericht über die Krisenzeit in Pujilí

von Rocio Simaluiza (übersetzt Anke Eichhorn) - September 2020

Am 29. Februar gab es in Ecuador den ersten bestätigten Corona-Fall. Und am zwölften März entschied sich die Regierung nötige Maßnahmen der Vorbeugung durchzuführen.
Alle schulischen Aktivitäten wurden ausgesetzt. Es fand kein Unterricht mehr statt und alle sozialen Veranstaltungen wurden abgesagt. Durch die Quarantäneverordnung mussten alle Jugendlichen, die in Chaka Wasi leben nach Hause und wohnen dort, soweit wie möglich, bei den Eltern.
Während der Quarantäne bekamen die Familien keinerlei staatliche Unterstützung. Dadurch hatten sie zu wenige Lebensmittel, wurden mit Gesundheitsproblemen allein gelassen und hatten keinen Zugang zu Medien (z.B. Internet), um die Aufgaben, die die Lehrer verschickten, bearbeiten zu können.

Ab April war es durch neue Verordnungen möglich, dass wir Mitarbeiter*innen von „Chaka Wasi“ wieder mit unserer Arbeit anfangen konnten. Allerdings anders als gewohnt. Wir fuhren lange Wege, um mit Lebensmitteln, Gemüsepflanzen, Schulmaterial, ausgedruckten Hausaufgaben und Telefonkarten zu den Dörfern zu gelangen.








Wir besuchten alle Jugendlichen und halfen auch bei den Hausaufgaben. Immerhin haben wir es soweit geschafft, dass alle ihr Schuljahr abschließen konnten und die zwei Abiturienten haben ihr Ziel erreicht!













Das Corona-Virus hat radikale Folgen für die armen Familien in unserem Land, besonders in den kleinen indigenen Dörfern.
Die Kinder können aus Angst vor Ansteckungsgefahr nicht in die Schule gehen.

Zur Zeit befinden sich die Jugendlichen immer noch bei ihren Familien in ihren Dörfern. Die Schulaufgaben bekommen sie zum Teil über ihre Handys. Die Jugendlichen, die keine Handys haben, bekommen die Aufgaben ausgedruckt. Wir Mitarbeiterinnen fahren jeden Tag in weit verstreute Dörfer, um die Familien zu motivieren, bei den Hausaufgaben zu unterstützen und bei dem Anbau der Gemüsegärten fachlich zu beraten.

Meine Zeit in CHAKA WASI

von Hanna - November 2019 bis Februar 2020

Als ich endlich nach meinem 16-Stunden Flug in Ecuador ankam, wurde ich herzlich mit einem Bienvenidos-Plakat in CHAKA WASI von allen Mitarbeitern empfangen. Ich war erschöpft, hatte kaum Spanischkenntnisse und war noch nie alleine in ein so weit entferntes Land gereist. Die Erschöpfung ließ sich leicht ablegen mit etwas Schlaf, jedoch wachte ich leider nicht auf und meine Sprachbarriere war verschwunden.

Daher besuchte ich für zwei Wochen in Ambato einen Sprachkurs bei Jimena. Wir lernten Vokabeln, die Grammatik, machten kleine Lernspiele oder gingen auf lokale Märkte auf denen ich die leckersten und außergewöhnlichsten Früchte kaufen konnte, um mit den Ecuadorianern zu kommunizieren. Doch nicht nur die Sprache machte mir Schwierigkeiten auch an die kulturellen Umstellungen musste ich mich erst einmal gewöhnen, wie zum Beispiel der kulinarische Unterschied, die temperamentvolle Art der Südamerikaner und Kleinigkeiten, die ich zuhause als Selbstverständlich ansah, welche nun aber nicht mehr gegeben waren, wie trinkbares Hahnenwasser.

Doch ich fand mich immer mehr in den Alltag in Chaka Wasi ein. Vor allem half mir dabei Alexandra, die jeden Tag für alle im Heim ein wunderbares Essen auf den Teller zauberte. Eine meiner Aufgaben war es ihr bei der Zubereitung zu helfen. Ich lernte viel von ihr, nicht nur neue Rezepte, sondern auch wie liebevoll und gelassen sie mit ihren eigenen zwei bezaubernden Töchtern umging aber auch mit den anderen Jugendlichen im Kinderheim. Zu den weiteren Aufgaben gehörten den großen Garten mit viel Obst und Gemüse in Stand zu halten, die Kinder in die Schule zu bringen, Besorgungen in der kleinen Stadt Pujili zu erledigen und den Jugendlichen bei ihren Hausaufgaben zu helfen.

Die Bildung steht bei den Mitarbeitern sowie auch bei den Jugendlichen an erster Stelle. Die
Jugendlichen haben alle große Träume und wissen meistens schon ganz genau, was sie einmal studieren wollen und bemühen sich daher immer ihre Hausaufgaben zu erledigen. Sie bekommen viel Unterstützung, wenn sie Hilfe brauchen, vor allem von Diego, einem der Mitarbeiter. Mit ihm fuhr ich jeden Donnerstag in das kleine Bergdorf Casa Quemada und habe dort an einer Schule den Kindern versucht Englisch beizubringen. Ja versucht, da es sehr schwierig ist Kindern in einem sehr jungen Alter, die erst noch schreiben lernen müssen, englisch beizubringen. Da kann es schon einmal passieren, dass man im Stuhlkreis die Einzige ist, die “head and shoulders” singt. Doch die Kinder in Casa Quemada sind bezaubernd und freuen sich immer auf den Unterricht. Sie sitzen mit ihren Winterjacken und
Mützen im Klassenzimmer, da es dort sehr kalt ist. Doch kalt werden kann es einem nicht, da die Kinder so eine Wärme und Energie versprühen, die einen nur mitreißen kann.

Meine Aufgaben im Heim bestanden nicht nur aus handwerklicher Hilfe​ ​ und der Hilfe beim Lernen, sondern ich durfte auch kreative Arbeit leisten. Jeden Mittwoch kamen externe Kinder die nicht im Heim wohnen und verbrachten ihren Tag mit uns. Ich durfte mir dann immer ein Unterhaltungsprogramm überlegen, was ich mit den Kindern unternehmen möchte. In der Weihnachtszeit haben wir zum Beispiel aus Pappe Feliz Navidad ausgeschnitten und sie dann mit Farben besprüht und damit dann ein Weihnachtskarten Foto gemacht.

Das Weihnachtsfest ist mir ganz besonders im Kopf geblieben. Das Kinderheim kauft sich jedes Jahr ein Schwein und dieses wird dann zum Weihnachtsfest geschlachtet und verspeist. Als Vegetarierin erschreckt einen das natürlich im ersten Moment, jedoch wird dort sehr gute Agrarwirtschaft betrieben sowohl mit den Tieren als auch mit dem Obst- und Gemüseanbau. Doch nicht nur wegen dem Schwein ist mir das Weihnachtsfest im Sinn geblieben. Wir haben alle zusammen ecuadorianische Spezialitäten gekocht, eine schöne Essenstafel hergerichtet, zusammen gesungen, getanzt und Spiele gespielt. Ich habe mich sehr wohl gefühlt, obwohl das Weihnachtsfest bekanntlich gerne zu Hause
zusammen mit der Familie gefeiert wird.

In einem Kinderheim muss man sich natürlich auch um das Haus kümmern, um alles in Schuss zu halten. Dieses Jahr stand eine Dachsanierung an. Das hieß alle packen mit an!

Normalerweise gehen die Jugendlichen über das Wochenende zu ihren Familien, doch an diesem Wochenende kamen die Familien zu uns und nach wenigen Tagen war die Arbeit getan und Chaka Wasi hatte ein neues Dach über dem Kopf!

Mich begeisterte sehr, mit was für einem Elan die Jugendlichen mitarbeiteten. Doch nicht nur beim Dachdecken, sondern immerzu jede Woche. Sie helfen beim Kochen, beim Putzen und sorgen sich sehr füreinander. Sie haben einen starken Zusammenhalt und sind sich immer sehr bewusst, dessen was sie tun und daher auch sehr eigenständig. Doch obwohl die Jugendlich so eigenständig sind, empfingen sie mich mit offenen Armen, löcherten mich mit Fragen oder baten mich um Rat. Ich konnte schnell eine enge Bindung zu ihnen aufbauen.

Es ist beeindruckend, wie die Mitarbeiter und die Jugendlichen mit so wenig Kapital sich so ein warmherziges Zuhause erarbeitet haben. Ich habe in dieser Zeit sehr viel gelernt. Spanisch, Eigenständigkeit und vor allem die kleinen Dinge im Leben zu schätzen, die man oft als Selbstverständlich sieht.

Una experiencia especial! Gracias y hasta luego.

Unser erster Absolvent

von Rocio Simaluiza (übersetzt Michael Eichhorn) - Oktober 2019

Wilmer ist einer der ersten Jugendlichen, der ins Projekt Chaka Wasi kam, zu Hause im Dorf Guayrapungo, einem Nachbardorf Casa Quemadas. Seine Eltern sind Indigene der Nationalität Kichwa und gehören dem Volk der Panzaleo an.
Als die Familie vor einigen Jahren in eine große finanzielle Notlage geriet, musste die Familie aus dem Dorf in die Provinzhauptstadt Latacunga migrieren. Auf der Suche nach besseren Tagen half Wilmer nun seinen Eltern bei der Arbeit in der Produktion von Hohlblocksteinen aus Beton.

Dennoch hoffte er als ein ehrlicher und fleißiger Jugendlicher auf eine Möglichkeit sich akademisch weiterzuentwickeln um seine wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Mit Hilfe des Projektes Chaka Wasi schloss er zunächst seine Hochschulreife am Colegio Tecnico Pujilí im technischen Profil Buchhaltung und Verwaltung ab. In dieser Zeit unterstützte ihn das Projekt Chaka Wasi bei den Kosten für Verpflegung, Bildung, medizinischer Hilfe, Unterkunft und Nachhilfe. Mit der Hochschulreife schrieb er sich an der Technischen Hochschule von Cotopaxi ein, um seine berufliche Laufbahn fortzuführen. Sein Studium finanzierte er zum Großteil selbst, indem er halbtags als Klempner arbeitete.
Nun hat er erfolgreich sein Studium als Ingenieur für Buchhaltung und Rechnungsprüfung abgeschlossen.
Zwei weitere Absolventen aus Chaka Wasi werden ihm in den nächsten Wochen folgen.

Danke für alles - Erfahrungen im Volontariat

von Tatjana Hildebrandt - März 2019
Ab meiner ersten Minute in Ecuador, als ich unsicher, kein Wort Spanisch sprechend und aber sehr abenteuerlustig aus dem Flugzeug stieg, wurde ich mit offenen Armen empfangen. Rocío, die Leiterin des Projektes Chaka Wasi in Pujilí, stand da mit ihrer ganzen Familie und wartete auf mich und nahm mich für meine erste Nacht in dieser fremden Welt zu sich. Zugegeben, die Sprachbarriere erschwerte die Kommunikation in dieser kurzen Zeit ziemlich, was ich im ersten Moment schon etwas einschüchterte. Das in Ecuador niemand Englisch spricht ist also wirklich nicht übertrieben. Deshalb widmete ich mich die nächsten paar Wochen vollzeit meinem Spanisch und machte einen Kurs in Ambato.
Danach wurde ich mit meinen noch sehr holprigen Sprachkenntnissen nach Pujilí entlassen, was wirklich eine sehr neue Erfahrung für mich war. Allein in einer ungewohnten Umgebung, in der ich niemanden kannte und alle auch nur so halb verstand. Diese Anfangszeit war schwierig, aber vor allem Alexandra und ihre wundervollen kleinen Töchter, die mir ab dem ersten Moment so viel Liebe entgegenbrachten, haben es mir unglaublich erleichtert, anzukommen. Auch die Jugendlichen waren sofort sehr aufgeschlossen und neugierig und haben mich ununterbrochen mit Fragen gelöchert. 
Wie anders die Kultur ist, in der ich da gelandet war, wurde mir auch sehr schnell klar. Es hat gedauert, sich daran zu gewöhnen, aber im Endeffekt bin ich mehr als dankbar für diese Erfahrung. Man fühlt sich zurückversetzt in eine Zeit, in der warmes Wasser keine Selbstverständlichkeit und jeden Tag ein warmer Teller Reis ein Privileg ist. Das ist man als Deutsche nicht gewohnt und es braucht Zeit, diese Unterschiede zu erfassen. Aber es ist eine absolut bewusstseinserweiternde Erfahrung und hat mich Dankbarkeit für scheinbar selbstverständliche Dinge gelehrt. 
Vor allem die spontane, chaotische und liebevolle Art der Menschen verzaubert mich immer wieder. 

Nach dem immergleichen Schulalltag war es eine willkommene Abwechslung zu merken, dass hier wirklich kein Tag wie der andere ist. Klar gibt es eine gewisse Grundstruktur des Lebens hier, aber jeden Tag passiert etwas anderes verrücktes, was das Leben wunderbar abwechslungsreich macht. Normalerweise kümmern wir, also Alexandra, Rocío, Diego und ich, uns morgens, wenn die Jugendlichen in der Schule sind, um alles, was handwerklich so anfällt: Gartenarbeit, irgendwelche Reparaturen und das Versorgen der Tiere. Danach wird im großen Stil Mittagessen gekocht, wobei ich Alexandra unterstütze. Nachdem alle Bäuche gefüllt und Beine ausgeruht sind, machen die Jugendlichen ihre Hausaufgaben und täglichen Pflichten im Projekt. Vor allem bei den Englischaufgaben wird meine Hilfe gern in Anspruch genommen, aber ich zerbreche mir ab und zu auch mal über diversen Mathe- oder Physikproblemen den Kopf. In jeder freien Minute wird leidenschaftlich Fuß- oder Volleyball gespielt, meistens bis es dunkel wird. Nachdem das Abendbrot verspeist und die Küche grundgereinigt ist, verlasse ich dann als letztes das Geschehen und kann dann erschöpft ins Bett fallen. 

Jeden Donnerstag fahre ich mit Diego im roten Auto des Projektes nach Casa Quemada, eine kleine Kommune weit oben in den Bergen. Dort ist eine Grundschule, wo ich dann bis Mittags damit beschäftigt bin, den absolut liebenswerten und aufgedrehten Kindern Englischunterricht zu geben. Das ist zeitweise eine ziemlich große Herausforderung, denn leider ist Englisch noch die mit Abstand größte Baustelle im ecuadorianischen Schulsystem. Aber trotzdem mach diese Arbeit sehr viel Spaß und gibt außerdem einen tiefen Einblick in das noch viel traditionellere und ursprünglichere Leben der indigenen Bevölkerung dort oben. 

An den Wochenenden und an diversen Ferientagen habe ich dann Zeit für mich, dann sind alle Jugendlichen und Mitarbeiter zu Hause bei ihren Familien. Zugegebenermaßen war es am Anfang sehr schwierig für mich, mich mit dem vielen Alleinsein zu arrangieren. Ich habe einige Wochenenden allein im Projekt in völliger Entspannung verbracht, bis ich dann auf den Geschmack gekommen bin, allein durch das Land zu reisen. Und ich muss sagen, Ecuador ist das perfekte Land dafür!

Es lässt sich kaum in Worte fassen, wie diese Reise und das halbe Jahr in Ecuador mein Leben verändert haben. Nicht nur, dass ich jetzt einigermaßen Spanisch spreche, total viel über dieses Land und diese Kultur gelernt habe und so viele Herzensmenschen kennengelernt habe. Ich habe außerdem gelernt, allein zurechtzukommen, wirklich Verantwortung zu übernehmen, vielen Dingen offener gegenüberzustehen und mein zukünftiges Leben entspannter und positiver anzugehen. Ich habe gemerkt, wie wichtig es ist, dass es Menschen gibt, die jeden Tag mit Liebe und Leidenschaft einer solchen Arbeit wie hier nachgehen und so Kindern und Jugendlichen eine Zukunft ermöglichen, in denen sie ein selbstbestimmtes und schönes Leben voller Möglichkeiten führen können. Chaka Wasi ist für mich ein Zuhause und eine Familie geworden, die ich für immer in meinem Herzen behalten und wo ich kann unterstützen werde. Gracias por todos!♥

Ankommen und Einleben

von Charlotte Wohlgemuth und Kevin Roscher

Nach unserer Hochzeit im August 2017 wollten wir unbedingt raus aus bekannten Gefilden. Entschlossen, etwas für andere - und auch für Gott - zu tun, strebten wir ein soziales Projekt in Südamerika an. Wir lernten Chaka Wasi kennen und entschlossen uns, für rund 7 Monate nach Ecuador in die Einrichtung nach Pujili zu gehen. Nach zwölf Tagen Sprachschule in Quito kamen wir Anfang November in Pujili an. Vielleicht war es gut, uns durch den Aufenthalt in Quito langsam an die Kultur heranzutasten, denn das Leben im ländlichen Gebiet und in den Bergen ist sehr viel traditioneller und von indigener Kultur geprägt. Es hat uns einige Mühe gekostet, unseren Platz zu finden, aber in den letzten zwei Monaten haben wir viel dazu gelernt. So hat es sich zu einem angenehmen Miteinander im Projekt entwickelt. Von den Jugendlichen wurden wir sofort herzlichen aufgenommen und haben mit ihnen sehr viel Spaß. Pädagogisch kommen wir manchmal an unsere Grenzen, aber auch da lernen wir viel im Umgang mit den Jugendlichen (Chicos) dazu. Einige Aktivitäten unsererseits mit den Chicos waren zum Beispiel das gemeinsame Plätzchenbacken vor Weihnachten, ein Adventskalender mit einer fortlaufenden Geschichte und das Schauen eines Weihnachtsfilms. Außerdem wird in jeder freien Minute Fußball und Volleyball gespielt. Ganz aktuell und sehr beliebt ist ein einfaches Würfelspiel.























Dass Hilfe von Volontären hier notwendig ist – besonders um die drei Angestellten zu entlasten - haben wir schnell gesehen und so haben sich unsere Aufgabenfelder herausgebildet und entwickelt. So haben wir nach Absprache mit Rocio die Verantwortung in der Nacht übernommen (so kann Alexandra – Köchin in Centro Chaka Wasi und auch sonst Ansprechpartnerin für vieles mehr – mit ihren Kinder wieder zu Hause schlafen). Unser Tag beginnt damit, dass wir mit den Jugendlichen gemeinsam das Frühstück zubereiten und das „Morgenchaos“ begleiten. Ich gehe dann vormittags Alexandra in der Küche zur Hand. Dienstags kochen wir nun immer deutsches Essen. Kevin kümmert sich um die handwerklichen Sachen im Projekt. Darin sind, so Rocio, unserer Kreativität keine Grenzen gesetzt. So haben wir in den letzten Wochen einiges repariert, auf- und ausgeräumt, renoviert, sauber gemacht und u.a. ein neues Fußballtor und einen Volleyballplatz errichtet. Nachdem wir das Abendbrot zubereitet haben, alle satt sind, alle Aufgaben erledigt haben und alle Probleme gelöst sind, sinken wir – wenn alles gut geht – halb zehn ins Bett.










In den Monaten vor unserer Anreise ist ein neues Gebäude neben dem Projekt entstanden, welches sowohl Zimmer für die Chicos und Chicas, als auch einen großen Saal und ein neues Büro beherbergt. Bis zur Einweihung Anfang Februar gab es hier noch viel zu tun und jeden Tag werkelten wir daran. So mussten zum Beispiel die Wände und Decken gestrichen werden. Dabei half uns auch unser Freund Andreas aus Deutschland, der gerade mit dem Fahrrad durch Südamerika unterwegs ist und uns über Weihnachten besucht hat.

Am 25.12. sind wir mit Rocio, Roberto und Kindern aus Panzaleo in die Berge gefahren und haben in einem sehr abseits gelegenen Dorf, aus welchem drei Jugendliche von uns kommen, Decken und Süßigkeiten verteilt. Dies war ein sehr eindrückliches Erlebnis für uns, denn wir haben zum ersten Mal gesehen, aus welchen Verhältnissen die Jugendlichen des Centros Chaka Wasi kommen. Nun schauen wir auf die ein oder andere nicht ganz so funktionierende Sache hier im Projekt etwas gelassener, da wir nun wissen, dass sie hier sehr viel komfortabler leben und lernen als zu Hause. Allgemein betrachten wir durch das Leben hier, unser Leben in Deutschland sehr viel wertschätzender und realisieren immer mehr, welchen Luxus wir Tag für Tag als normal betrachten. Fließendes Wasser, Elektrizität, ja sogar Toilettenpapier und Schulbildung, welche nicht mit dem zwölften Lebensjahr endet, sind hier keine Alltäglichkeit.


Zum Thema Schulbildung lässt sich noch einiges sagen: auch da helfen wir mit, vor allem bei Englisch-, Mathe-, Physik- und Chemiehausaufgaben sind wir gefragt, denn da kommen die Mitarbeiter an ihre Grenzen. Aber so rosten wir selbst wenigstens nicht ein und betätigen uns, neben all der körperlichen Arbeit, auch geistig. Einmal die Woche fahren wir hoch auf 4000m nach Casa Quemada, um dort in der Grundschule zu unterrichten. Dass es nicht ganz einfach ist, Vierjährigen Englisch oder spanische Literatur beizubringen (ganz davon abgesehen, dass wir auch sprachlich noch unsere Probleme haben) kann man sich sicher vorstellen. Aber viel wichtiger als Textverständnis oder englische Zahlen ist es, Zeit mit den Kindern zu verbringen und die Herzen der Kinder mit Liebe und Wärme zu füllen. Die Menschen in Casa Quemada und allgemein in den Andendörfern sind sehr arm und leben in Verhältnissen, die wir uns bis dahin nicht vorstellen konnten. Wenn wir donnerstags nach 1000 überwundenen Höhenmetern und eingepackt in Multifunktionshose, Thermounterwäsche, Schal und warmer Jacke oben ankommen, dann empfangen uns Kinder mit zerlöcherten Socken und einer dünnen Schuluniform, mit kleinen roten, verbrannte Wangen, aber einer solchen Lebensfreude, dass wir uns wirklich fragen, wo sie diese Energie hernehmen.


So vergehen die Wochen hier sehr schnell und immer, wenn die Jugendlichen sonntags ins Projekt zurückkehren, haben wir das Gefühl, eine neue Woche Klassenfahrt beginnt. Wir könnten noch viel berichten von unserem Alltag hier in Chaka Wasi, aber fürs Erste soll es das gewesen sein.
Hasta luego Kevin & Charlotte










Ein Mädchen aus Pujilí

Rosa kam im August 1997 in einem kleinen, abgelegenen Dorf zur Welt. Sie ist die Drittälteste von neun Geschwistern. Ihr Vater ist Tagelöhner und ihre Mutter arbeitet im Haus und auf dem Feld.
Als Kind erlitt Rosa schwere physische und psychische Misshandlungen. Außerdem wurde sie diskriminiert, weil sie ein Mädchen war. In der Ideologie der Dörfern ist es z.T. so, dass Frauen, um Kinder groß zu ziehen und um Tiere zu versorgen nicht lesen und schreiben können müssen.
Aber nichts desto trotz wollte Rosa zur Schule gehen. Als der ersehnte Tag kam, sagte sie: „Das war ein glücklicher Tag. Ich hatte immer diesen Traum. Meine Eltern meinten, es sei nicht notwendig, dass Frauen lernen. Ich fühlte mich verloren und hatte keinerlei moralische Unterstützung. Immer lebte ich in dieser Leere. Klar halfen mir meine Eltern bei den Ausgaben für die Schulsachen, aber nicht aus Wohlwollen, um mir zu helfen, sondern aus Pflichtgefühl.“
Um die Kosten der Grundschule mitzutragen (Stifte, Hefte, … ) verkaufte Rosa auf dem Großmarkt Gemüse. Im Juli 2010 schloss sie die Grundschule (7. Klasse) mit den besten Noten ab und wieder folgte eine schwierige Zeit wegen Geldmangel und der Einstellung der Eltern, dass Mädchen keine weiterführende Schule besuchen brauchen.
Weil Rosa so sehr bettelte, begleitete ihre Mutter sie zum Colegio (weiterführende Schule), um sie einzuschreiben. Aber sie hatten nicht das Geld dafür. Glücklicherweise trafen sie einen Verwandten und der wusste Hilfe: „Du kannst dich an die Fundación Jardín del Edén wenden. Dort bekommst du alles.“
So kam es, dass Rosa im August 2010 ins Zentrum Chaka Wasi kam, um ihre Träume zu erfüllen, den jüngeren Geschwistern zu helfen und um der Familie in der schwierigen ökonomischen Situation beistehen zu können.
… Jetzt studiert Rosa Laborassistentin. Um die Kosten zu zahlen, wird sie von der Fundación Jardín del Edén unterstützt.
Rosa schreibt:
„Dass ich meine Jugend im Zentrum Chaka Wasi verbrachte, war ein großer Segen für mein Leben. Mein Leben veränderte sich komplett: ich hatte jetzt einen sicheren Ort zum Wohnen, Essen, Liebe, Verständnis, moralische und ökonomische Unterstützung beim Lernen, was ja mein größter Wunsch war. Während dieser Zeit war ich sehr glücklich, weil ich mich auf (vorerst) Unbekannte verlassen konnte. Und ich danke Gott für diese Menschen, auch die weit weg sind und uns unterstützen, jeden einzelnen in seinem Leben
Ich glaube, noch habe ich nicht das Vertrauen und die moralische Unterstützung meiner Eltern, aber ich hoffe, dass ich es eines Tages bekomme. Trotz allem habe ich meine ganze Familie lieb.
Mein Traum ist es, einen Titel zu erlangen, um meiner Familie zu helfen und ein würdevolles Leben zu haben, wie ich es mir immer erträumt habe. Das gleiche wünsche ich für meine kleine Schwester, die bedingungslose Hilfe braucht, weil sie eine Hör- und Sprachbehinderung hat. Sie war der Liebling meines verstorbenen Bruders. Sie ist ein wunderbares Mädchen, das ich sehr bewundere und eins der wichtigsten Gründe, um weiter zu machen und meiner Zielstrebigkeit treu zu bleiben.“
Rosa

Erfahrungsbericht Volontariat

von Svenja - November 2016
Nachdem ich im Juli mein Abitur abgeschlossen hatte, war klar: Erst mal raus hier und was erleben. Neugierig durch Spendenaktionen für die Fundacion meiner alten Schule, wollte ich unbedingt ein Volontariat in einem der Projekte machen.
Ich glaube man lernt selten so viel in solch kurzer Zeit, wie bei einem Volontariat dieser Art.
Jederzeit würde ich wieder die Entscheidung treffen, ein paar freiwillige Monate im Projekt Chaka Wasi der Fundacion Jardin del Eden zu verbringen.
Der erste Monat war nicht einfach, das möchte ich nicht verheimlichen. Das lag aber nicht an fehlender Herzlichkeit von Rocio, Alexandra oder den Jugendlichen! Es war wohl der allbekannte „Kulturschock“. Neue Sprache (wer Schulspanisch lernt, muss erst mal den Akzent hier verstehen), andere Ernährung, Kultur, Alltag und natürlich kennt man anfangs noch niemanden.
Aber hat man das erst mal hinter sich gelassen, macht es unheimlich Spaß im Projekt und mit den Jugendlichen zu arbeiten. Fast kein Tag läuft wie der andere ab, weshalb es das Beste ist, seine Aufgaben, die auf einen bestimmten Tag hin fertig sein müssen, zwei Tage vorher erledigt. Ein gutes Beispiel ist die Vorbereitung für den Englischunterricht in Casa Quemada. Man weiß schließlich nie, was dazwischen kommt.
Was ich mit lernen meine, ist relativ breit gefächert! Es ist wohl das einfachste, ein paar Beispiele aufzuführen.
Mir ist hier einmal mehr aufgefallen, dass man in Deutschland kaum noch eine Relation hat zu dem, was man isst. Wie viel Arbeit hinter einer Kartoffel oder Tomate steckt. Statt wie zuhause im Supermarkt oder auf dem Wochenmarkt einzukaufen, bauen wir hier den Großteil an Gemüse, und inzwischen auch ein paar Früchte, selbst an. Man pflanzt, jätet regelmäßig das Unkraut, reguliert das Wasser, pflegt die Pflanzen, erntet - und lernt zu schätzen was man isst!

Ein Satz von Rocio ist mir besonders im Gedächtnis geblieben:
„Armut entsteht in den Köpfen!“
An einem Wochenende haben wir mit den Jugendlichen über Armut gesprochen, Videos zum Thema angeschaut und Armut in Afrika mit der in Ecuador verglichen. Fazit war, in Ecuador gibt es Trinkwasser, fruchtbare Erde... zwei Dinge die es in den dort behandelte Gebieten nicht hat. Ebenso wurde gesagt, Armut ist kein Anlass zum Stehlen, zu Unordentlichkeit oder Verschmutzung der Umwelt, in dem man z.B. seinen Müll in den nächsten Graben wirft. Tja, an diesem Wochende hat sich nicht nur die Sicht der Jugendlichen über Armut geändert, sondern auch meine.
Als letztes Beispiel möchte ich aufführen, dass es noch einmal etwas anderes ist, Jugendarbeit in einem fremden Land zu betreiben. Normalerweise bin ich es durch meine Jugendgruppen in Deutschland gewohnt mit Jugendlichen zu arbeiten: einfach mal was zu Spielen, Regeln und Grenzen aufzeigen oder bei Aufgaben zu helfen. Aber wenn häufig auf die Schnelle die Worte dazu fehlen, ist das gar nicht mehr so einfach und vertraut. Man muss nach und nach in die Arbeit hineinfinden und damit umgehen lernen, dass vieles anfangs nicht so klappt, wie man sich das wünscht. Was ich im Endeffekt daraus gelernt habe: mit neuen (Arbeits-) Umfeldern Schritt für Schritt umzugehen.
Zu den nicht schwierigen Dingen hier: Lachen, Spaß haben, unheimlich liebe Menschen kennenlernen, viel erleben und sehen!
Abschließend kann ich sagen, dass es mir schon nach der kurzen Zeit von drei Monaten, schwerfällt von hier zu gehen. Man fängt einfach an „sein ecuadorianisches Leben“ zu führen!

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